• Der ausbleibende Nutzen von LLMs

    https://borretti.me/article/thoughts-llm-agents

    Ein paar ganz interessante Gedanken zum Thema LLMs von Fernando Borretti:

    But they can’t carry out complex tasks: very soon you run up against the limits of the context window. LLMs are like a tireless 120 IQ polymath with anterograde amnesia who forgets everything after ~10m of activity.

    Fernando Borretti „Thoughts on LLM Agents“

    Wer hin und wieder mit LLM-basierten Tools (wie etwa ChatGPT) herumspielt, stößt recht schnell und regelmäßig an die vielfältigen Grenzen, die diese Technik (zumindest bislang?) hat. Vor allem die „Halluzinations“-Problematik, also mit scheinbarem Selbstvertrauen ausgegebene Fehlinformationen, sind ein Problem. Aber auch sonst ist der Firnis, mit dem die LLMs so etwas wie (sprachliche) Intelligenz vortäuschen oft nur hauchdünn.

    It is well known that LLM-written text has lower entropy than human-written text. So maybe there’s something analogous to a thermodynamic limit, where the complexity of the LLM completion and the complexity provided by the architecture taken together are insufficient to reach criticality and get self-sustaining output.

    Entropie ist im Zusammenhang mit Texten (vereinfacht ausgedrückt) ein Maß für deren (Un)vorhersagbarkeit. Modelle wie GPT erlauben es, bis zu einem gewissen Grad, die Entropie des Outputs zu erhöhen (OpenAI nennt das in der API temperature). Doch damit steigt auch die Menge der „Halluzinationen“.

    Borretti argumentiert, dass eigentlich Agents, also eine Art spezialisierte Subroutinen, die vom LLM gesteuert werden, die aussichtsreichste Möglichkeit darstellen, die Technik trotz dieser Probleme nutzbringend einzusetzen. Bislang allerdings fehle es an solchen wirklich guten Agents. Ob sie in den kommenden Jahren kommen, bleibt abzuwarten.


  • The Good Ol’ Days

    https://blog.cassidoo.co/post/human-curation/

    When the algorithms are determining everything we should be seeing, it’s a much less personal internet. The “For You” pages of the world are right, I am interested in that content, but I’m not seeing it from my friends, or that one author I like, or that random blog I found when I was learning about an obscure hobby. Especially now that Twitter is kind of a mess (I won’t get into other social networks, but they all feel like this lately), the networks of people that I know are really hard to navigate.

    Cassidy Williams „I miss human curation“

    Netter Blick zurück auf das „old, good Internet“ der 2000er-Jahre. Und auch wenn Cassidy selbst sagt, dass sie „definitely like an old woman talking about ‘the good ol’ days‘“ klingt, ist kaum zu eskamotieren, dass das Web mit dem rasanten Aufstieg der „sozialen“ Medien seine sozialen Seiten eingebüßt hat.

    (Jaja, ich weiß, dass kein Mensch das Wort „eskamotieren“ kennt. Muss man auch nicht. Ich war einfach nur froh, es mal irgendwo benutzen zu können und mich damit als sprachgewandter Typ aufzuspielen. Sorry. Auflösung: Es bedeutet so viel wie „etwas verschwinden lassen“ oder „weg interpretieren“.)

    Natürlich greift es zu weit, diesen Verfall des alten Internets einfach nur Facebook, Twitter und Co. anzulasten. Viele weitere Faktoren, die oft damit zu tun haben, dass irgendwo Geld verdient werden kann, haben dabei ebenfalls ihre Rollen gespielt.


  • Nazi-Platforming

    https://internetobservatorium.substack.com/i/140519089/substack-und-die-nazis

    Johannes Kuhn fasst von seinem „Internet Observatorium“ aus die letzten zwei Monate Diskussion rund um das Naziproblem auf Substack zusammen. Seine Meinung dazu: Die Problematik lässt sich im Sinne einer liberalen Gesellschaft nicht dadurch auflösen, dass man ein paar Nazis von der Plattform wirft, um es wieder gemütlicher zu haben.

    Publizistisch betrachtet entspricht die Existenz von Spencers und meinem Substack auf einer gemeinsamen Plattform ungefähr einem Zeitungskiosk, an dem man die Wirtschaftswoche genauso kaufen konnte wie die Junge Freiheit oder irgendwelche Landser-Heftchen (auch wenn Substack nicht nur ein Kiosk ist, aber das führt zu weit).

    Johannes Kuhn: „Substack und die Nazis“

    Die Frage lässt sich damit in gewisser Weise darauf herunterbrechen, ob Plattformen wie Substack Infrastruktur sind und damit als Dumb Pipes begriffen werden müssen.

    Eine mögliche Antwort darauf ist: Es gibt genug Alternativen. Niemand ist darauf angewiesen, Substack als Plattform zur freien Meinungsäußerung oder für die Monetarisierung derselben zu nutzen. Rechtsextremen und anderen fragwürdigen Gestalten dort Raum zu geben, ist dann mehr als einfach nur die Bereitstellung einer Internetleitung. Substack ist dann, um in Johannes‘ Bild zu bleiben, nicht nur Kiosk, sondern gleich auch Zeitungsverlag und damit inhaltlich mitverantwortlich für die publizierten Inhalte. Für andere Substack-Nutzer*innen ergäbe sich damit eine Situation, in der sie nicht nur im selben Kiosk wie die Junge Freiheit ausliegen, sondern im selben Verlag erscheinen.

    Andererseits mag das zu einfach gedacht sein: Denn die großen Plattformen haben (ob man das will oder nicht) tatsächlich eine Bedeutung, die im Modell Verlag-Kiosk über die Rolle des Verlags hinausgehen. Sie erledigen auch den Betrieb des Kiosks und sind damit weniger gut zu substituieren. Das gilt zumindest für Anbieter wie Meta, TikTok oder meinethalben auch immer noch X – Substack ist im Vergleich zu diesen Plattformen natürlich bedeutend kleiner und damit einfacher auszutauschen.


  • Google formt das Web

    https://www.theverge.com/c/23998379/google-search-seo-algorithm-webpage-optimization

    Lesenswerter Artikel darüber, wie die Dominanz des Googleparadigmas (das ja letztlich auch von anderen Suchmaschinen „durchgesetzt“ wird) das Web in den letzten 20 Jahren verändert hat und die Betreiber*innen von Websites dazu treibt, ihre Seiten sowohl technisch und im Design als auch inhaltlich den Anforderungen der Suchmaschine unterzuordnen.

    Außerdem: Happy Birthday, Mr. WordPress!


  • Gletschereiswürfel für die Emirate

    https://orf.at/stories/3345159/

    Aus grönländischen Gletschern abgebaute Eiswürfel werden in die Vereinigten Arabischen Emirate verschifft und dort verzehrt. Muss man auch erstmal sacken lassen.


  • 1,5° sind wohl nicht mehr zu schaffen

    https://www.theguardian.com/environment/2024/jan/09/2023-record-world-hottest-climate-fossil-fuel

    Ein Balkendiagramm mit der Überschrift: 2023 was the hottest year on record by a large margin
Annual global-average temperature relative to 1850-1900, C

Die X-Achse des Diagramms ist mit Jahreszahlen von 1940 bis 2020 beschriftet. Die y-Achse bildet Temperaturwerte von 0 bis 1,5° Celsius ab. Für jedes Jahr ist ein Balken eingezeichnet, der angibt, wie viel wärmer das betreffende Jahr global war als das durchschnittliche Jahr von 1850-1900. Es wird deutlich, dass die globale Durchschnittstemperatur seit 1940 und insbesondere seit Beginn der 80er-Jahre stark angestiegen ist. Der herausstechendste Balken ist ganz rechts zu sehen, er ist noch einmal separat beschriftet: "2023 +1.48 C"
    Grafik: The Guardian

    2023 war (wenig überraschend) das im globalen Durchschnitt heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Im Vergleich zur Vergleichsperiode 1850-1900 gab es keinen einzigen Tag mehr, der nicht mindestens 1° C. wärmer war. Zwei Tage waren sogar 2° C. wärmer als damals. Mehr als die Hälfte der Tage war mindestens 1,5° C. wärmer. – Auch wenn es bislang noch nicht so gewertet wird (weil es in den kommenden Jahren voraussichtlich erstmal wieder ein bisschen kühler werden wird), sieht es ganz so aus, als wäre das 1,5°-Ziel von Paris damit gescheitert.


  • Duolingo Open Source

    https://librelingo.app

    Wie immer bei solchen Projekten weiß man natürlich nicht, ob jemals was Richtiges draus wird. Aber der erste Prototyp ist schon mal vielversprechend.


  • Threads Algorithmus-Desaster

    https://www.freitag.de/autoren/titus-blome/threads-ist-nicht-twitter-zumindest-noch-nicht

    Dass Metas Versuch, mit Threads einen vollwertigen Twitter-Klon zu schaffen (zumindest bislang) gründlich in die Hose gegangen ist, hängt, schenkt man Titus Blome Glauben, damit zusammen, dass ein textbasiertes Medium anders funktioniert als das primär visuelle Instagram, dem Meta den Threads-For-You-Algorithmus entliehen hat.


  • Firefox-Marktanteil bricht ein

    https://www.zdnet.com/home-and-office/networking/the-fall-of-firefox-mozillas-once-popular-web-browser-slides-into-irrelevance/

    Traurig aber wahr, Firefox hat im Laufe des letzten Jahrzehnts immer größere Anteile am weltweiten Browsermarkt eingebüßt. Während es für Firefox in Deutschland mit knapp 10 % Marktanteil (Dezember 2023) noch relativ gut aussieht, bewegt der Anteil sich weltweit mittlerweile im Bereich eines statistischen Fehlers und kommt teilweise nicht einmal auf 3 %.

    Das ist umso dramtischer, als da Firefox eine eigene HTML-Engine nutzt, die unabhängig von Blink/Webkit entwickelt wird. Im Sinne des offenen Webs ist es nicht nur wünschenswert, sondern langfristig notwendig, ein konkurrenzfähiges Renderingsystem neben der marktbeherrschenden Technik von Google/Apple zu haben. Nicht, weil Blink und Webkit schlechte Produkte wären, sondern weil so die Abhängigkeit des Webs von den Entscheidungen bei Google (und in geringerem Umfang Apple) abhängig ist.


  • Damals bei Twitter

    https://www.newyorker.com/tech/annals-of-technology/what-we-lost-when-twitter-became-x [metered Paywall]

    Netter Nachruf auf Twitter von einem ehemaligen Mitarbeiter. Tenor: Die besondere Stärke der Plattform bestand immer darin, etwas verschrobem und verspielt zu sein. Dadurch entstand der nötige Spielraum für die Vielfalt, die Twitter auszeichnete. Mit Musks „We will need to be extremely hardcore“-Übernahme hat sich das geändert.