• Anil Dash: Don’t Call it a Substack

    Guter Einwurf. Substack (alle mit der Plattform einhergehen politischen Aspekte mal außen vorgelassen) ist für diejenigen, die dort mit ihren Newslettern Geld verdienen trotz aller Offenheit ein Single Point of Failure. Ja, momentan ist es (noch?) relativ einfach, Newsletter samt bezahlender Leserschaft von dort zu einem anderen Provider umzuziehen. Ob das aber auf Dauer so bleibt, ist fraglich. Schließlich hat die mit Venture-Kapital von Andreessen Horowitz ausgestattete Plattform Interesse daran, Gewinne für die Anleger zu generieren. Wer Substack nutzt, sollte sich also schon früh einen Plan B für die Phase des unausweichlichen Platform Decays zurechtlegen.


  • Hopefulness is risky, since it is after all a form of trust, trust in the unknown and the possible, even in discontinuity. To be hopeful is to take on a different persona, one that risks disappointment, betrayal, and there have been major disappointments in recent years.

    Rebecca Solnit „Hope in the Dark: Untold Histories, Wild Possibilities“ (2004/2016)


  • Ich wollte sterben. Aber nicht für immer.

    Roberto Bolaño, „Zwei Katholische Erzählungen“


  • IoT – Wozu?

    Pete Warden fasst in diesem Beitrag aus dem August 2024 einige Gründe dafür zusammen, dass das IoT (das Internet der Dinge) zumindest in privaten Haushalten weitgehend gescheitert zu sein scheint. Seine wesentlichen Punkte sind:

    • Das Setup ist unnötig mühselig.
    • Es gibt bei den meisten Haushaltsgeräten kaum überzeugende Gründe, irgendwelche smarten Features tatsächlich zu nutzen.
    • Der Energieverbrauch sehr kleiner, batteriegestützter, kabelloser Geräte ist so hoch, dass die Batterien zu häufig getauscht werden müssen (und die Geräte dann schlimmstenfalls wieder neu eingerichtet werden müssen).

  • Billionenschwer und lächerlich

    Das Silicon Valley geht vor Donald Trump auf die Knie. Amazon-Boss Bezos wies schon knapp zwei Wochen vor der Wahlkatastrophe das Editorial Board seines Milliardärs-Spielzeugs Washington post an, keine Wahlempfehlung für Kamala Harris auszusprechen. MetaFaceWhatsInsta-Mann Zuckerberg umschmeichelte den oft wirr und orientierungslos wirkenden Trump nach dem Attentat im Juli als „badass“. Nach der Wahl applaudierten dann auch die CEOs von Alphabet, Microsoft, Apple und Co. dem verurteilten Straftäter Trump.

    Diese Leute sind keine Staatschefs, die dem Sieger der US-Präsidentschaftswahl schon aus diplomatischen Gründen gratulieren müssen. Es sind die Vertreter privatwirtschaftlicher Unternehmen, die Angst vor Trumps erratischer Politik haben. Gemeinsam mit ihren CEOs fügt sich so eine ganze Reihe milliarden-, teilweise billionenschwerer Konzerne dem Willen eines brandgefährlichen Mannes.

    Eigentlich kann es auf ein derart unverantwortlich rückgratloses Verhalten nur eine Antwort geben: Den Boykott dieser Unternehmen. Doch das wird kaum umzusetzen sein. Es fehlt Privatleuten, Unternehmen und staatlichen Akteuren an der erforderlichen Souveränität. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen hängen am MS-Office-Tropf. Gerade die öffentliche Hand in Deutschland scheitert mittlerweile seit Jahrzehnten regelmäßig daran, sich mit Open-Source-Lösungen etwas unabhängiger von den großen Playern zu machen. Und auch die privaten Internetuser sind kaum gewillt, die bunten Glitzerwelten von Apple, Meta und Co. zu verlassen. Ich meine, vielen Leuten fehlt ja selbst das bisschen Willenskraft, das es braucht, um sich von einem dampfenden Haufen Scheiße wie 𝕏 loszusagen. Selbst Politiker wie Kanzler Scholz oder Klimaschutzminister Habeck, die es eigentlich besser wissen sollten, sind auf der rechtsextremen Plattform aktiv und reden sich ein, damit nach wie vor einen Beitrag zur demokratischen Diskussionskultur zu leisten. Was für eine erbärmliche Vorstellung.

    Diese Abhängigkeit der Nutzer von den Unternehmen spiegelt die Abhängigkeit der Unternehmen von Trumps unkontrollierbaren politischen Entscheidungen. Die Konzerne haben FOMO, Angst davor, dass der überraschend beliebte Klassen-Bully sie bei seiner großen Party nicht dabei haben will. Also erfüllen sie ihm devot jeden Wunsch, um bloß keine Investoren zu verschrecken. Was für ein erbärmliche Vorstellung.

    Um es noch mal klar zu machen: Jeder hat es – zumindest bis zu einem gewissen Grad – selbst in der Hand, sich von den Trump hofierenden Konzernen und CEOs zu lösen. Es gibt keine überlebenswichtigen Gründe, auf 𝕏 zu bleiben, bei Amazon einzukaufen oder Jahr für Jahr neue Apple-Hardware zu kaufen. Ja, natürlich, über Nacht wird man das alles nicht los. Ja, die Alternativen sind auch nicht immer gold. Aber man kann es zumindest in kleinen Schritten versuchen. Wenn Unternehmen und Institutionen es schon nicht packen, dann zumindest wir Menschen.


  • Ich fragte, was für eine Eigenart? Er schrieb Verse und trug sie vor, sage der Freund, und war deshalb zum Arbeiten sichtlich ungeeignet.

    Roberto Bolaño: „Der Rattenpolizist“


  • Trumps entmenschlichende Rhetorik

    ↬www.theatlantic.com/politics/archive/2024/10/trump-authoritarian-rhetoric-hitler-mussolini/680296/

    Guter Beitrag von Anne Applebaum für The Atlantic (erschienen im Oktober 2024, also noch vor der US-Präsidentschaftswahl 2024), in dem sie noch einmal sehr deutlich aufzeigt, wie sehr die Trump-Rhetorik des zurückliegenden US-Wahlkampfs der von Hitler, Mussolini und anderen Diktatoren des 20. Jahrhunderts gleicht. Die Entmenschlichung und Ausgrenzung mit Vokabeln wie „vermin“ oder „poisonous“ helfen dabei, eine Vorstellung des „Wir gegen die“ zu kommunizieren. Forderungen nach der Ermordung politischer Gegner und geächteter, armer Menschen gehen dann gleich viel leichter über die Lippen und werden normalisiert.


  • ActivityPub macht POSSE überflüssig

    Dave Winer beschreibt in diesem Beitrag, weshalb das Social Web oder Fediverse viele der Wünsche, die er ans Textcasting, wie er die protokollbasierte Verteilung von (vorwiegend) Textinhalten nennt, erfüllt.

    Letztlich laufen seine Überlegungen darauf hinaus, dass der konventionelle Ansatz Publish on your own site, syndicate elsewhere oder kurz POSSE in vielen Fällen (oder zumindest für ihn) zu aufwendig ist. Crosspostings auf verschiedene Plattformen erfordern es oft, dass der Inhalt etwas angepasst wird. In der Folge wird er auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergebrochen. Sprich: Auf 280 Zeichen und X/Twitter-Kompatibilität.

    Das Social Web löst dieses Problem bestenfalls, da es keine Crosspostings mehr gibt, sondern nur noch Postings, die auf den verschiedenen Plattformen angezeigt werden. Es liegt dann letztlich in der Verantwortung der Plattformen, die verschiedenen Typen von Posts, die ActivityPub kennt, korrekt darzustellen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass ein Inhalt gegebenenfalls nicht korrekt dargestellt wird und dass sich deshalb ein Blick auf die Darstellung auf der Ursprungsplattform lohnt.


  • Bluesky ist nicht dezentral

    So, you know how Facebook is a corporation with a lot of spread-out servers that talk to a centralized database and algorithm that controls and manages all your posts, opaquely, for profit.

    And so is Xwitter. And so is LinkedIn. And so is TikTok.

    And so is BlueSky.

    @possibledog@beige.party

    Richtiger Hinweis: Bluesky ist, auch wenn das das Versprechen hinter dem Netzwerk ist, momentan nicht dezentral. Es gibt zwar externe Dienste wie Bridgy Fed, die von außen an die Plattform andocken, einige wichtige Features sind aber (zumindest momentan) nur über die zentralen Server verfügbar. Dazu zählen zum Beispiel die Accountmobilität und die Möglichkeit, eigene Domains als Handle zu verwenden. Dieser „hybride“ Ansatz muss nicht unbedingt schlecht sein, es sollte allen Nutzer*innen aber bewusst sein, dass sie sich anders als von der Plattform versprochen, letztlich doch wieder nur in einen Walled Garden mit all seinen Nachteilen begeben.

    Vor dem Hintergrund, dass Bluesky jetzt von einer shady von Krypto-Venture-Kapitalisten-Bude finanziert wird, sollten Bluesky-User*innen eventuell also schon mal ein Notfallköfferchen für die nächste Plattformflucht vorbereiten.

    Das ActivityPub-Ökosystem ist dagegen vielfältiger und dadurch meiner Ansicht nach zukunftsfähiger als das zumindest momentan deutlich schwächere Netz rund um das von Bluesky genutzte AT Protokoll. Das kann sich aber natürlich auch noch ändern.


  • Vorauseilender Gehorsam

    Das Logo der Washington Post. Die Mottozeile: "Democracy Dies in Darkness" wurde durch die Zeile "Hello Darkness My Old Friend" ersetzt.

    via: @MissingThePt

    Die Washington Post hat sich (wohl auf Druck von Herausgeber William Lewis und Eigentümer Jeff Bezos) dazu entschieden, dieses Jahr zum ersten Mal seit 1988 keine Empfehlung zur US-Präsidentschaftswahl auszusprechen.

    Das Editorial Board wurde von dieser Entscheidung, schenkt man folgendem Statement Glauben, überrascht:

    Eine Bekanntmachung der "Washington Post Guild". Text: "We are deeply concerned that The Washington Post — an American news institution in the nation's capital — would make the decision to no longer endorse presidential candidates, especially a mere 11 days ahead of an immensely consequential election. The role of an Editorial Board is to do just this: to share opinions on the news impacting our society and culture and endorse candidates to help guide readers.

The message from our chief executive, Will Lewis — not from the Editorial Board itself — makes us concerned that management interfered with the work of our members in Editorial. According to our own reporters and Guild members, an endorsement for Harris was already drafted, and the decision to not to publish was made by The Post’s owner, Jeff Bezos. We are already seeing cancellations from once loyal readers. This decision undercuts the work of our members at a time when we should be building our readers’ trust, not losing it."

    Es bleibt die Frage, was Lewis und vor allem Bezos zu dieser Einmischung in die Arbeit der Redakteur*innen getrieben hat.

    Ich denke, es ist vorauseilender Gehorsam. Als Chef von Amazon hatte Bezos es schon von 2016 bis 2020 nicht leicht mit Trump. Indem er jetzt verhindert, dass eine der einflussreichsten Zeitungen der USA keine Wahlempfehlung für Kamala Harris ausspricht, hofft er, sich im Fall einer erneuten Trump-Präsidentschaft, etwas Spielraum zu verschaffen.

    Doch Trump ist vollkommen unberechenbar. Ob er Little Jeff für seinen Kniefall wirklich belohnen würde, ist daher fraglich. In jedem Fall ist die Integrität der Washington Post durch den aktuellen Fall beschädigt worden.