• 404 berichtet, wie AI-Slop ins US-Bibliothekssystem eindringt. Bislang immerhin nur ins Digital Lending, also den Verleih von E-Books. Hintergrund ist, dass US-Bibliotheken ihre digitalen Inhalte über kommerzielle E-Book-Platformen wie OverDrive (deren Libby-App man auch aus einigen deutschen Bibliotheken kennt) und Hoopla beziehen. Diese wiederum unterhalten Verträge mit Verlagen, die ihnen die E-Books zur Verfügung stellen.

    Insbesondere Hoopla fällt dabei, laut dem 404-Artikel, durch schlechte Qualitätskontrolle auf. Unmengen an schnell mithilfe von LLMs (vulgo: KIs) zusammengestrickten E-Books werden über die Plattform direkt in die Bibliothekssysteme unzähliger öffentlicher Bibliotheken gedrückt. Bibliotheksnutzerinnen und -nutzer, die dann nach Büchern zu bestimmten Themen suchen, kriegen diese minderwertigen Werke vorgesetzt und leihen diese, im Glauben ein einigermaßen gut kuratiertes Angebot vor sich zu haben, aus.

    Hoopla berechnet den Bibliotheken dann für jede Ausleihe eine Gebühr, die den Etat belastet, während die Leserinnen und Leser die schlechten E-Books frustriert wieder zurückgeben.

    Kritischer noch sind aber nicht einfach nur schlechte E-Books, sondern solche die willentlich oder auch einfach versehentlich Unwahrheiten oder gar gefährliche Informationen verbreiten. Ob Holocaust-Leugnung oder ein Kochbuch mit gesundheitsschädlichen Rezeptideen: Das Schadenspotenzial LLM-generierter Texte ist groß, wenn nicht konsequent darauf hingewiesen wird, dass die Texte unredigierter LLM-Output sind.


  • Lesenswerter Beitrag von JD Shadel im Blog von archive.org.

    Am Beispiel der animierten GIFs des Webs der 90er-Jahre beschreibt Shadel, welche Bedeutung die langfristige Archivierung digitaler Artefakte hat, die sonst sehr schnell in großen Mengen verschwinden können:

    This is, after all, the ephemeral truth of the Internet: if you don’t save it, even if it seems like it’s everywhere momentarily, it will just as quickly disappear. 


  • Was für eine Katastrophe.

    Ein von der AfD unterstützter Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik ist im Bundestag angenommen worden. Darin wird unter anderem die umfassende Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen gefordert.

    https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/migration-antrag-union-100.html

    Mit seinen Lügen von einer „Brandmauer“ hat CDU-Kanzlerkandidat Merz die Deutschen lange Zeit in Sicherheit gewogen. Jetzt wird klar: Bei der Durchsetzung seiner radikalen Politik ist er sich auch für die Zusammenarbeit mit der staatszersetzenden Ultrarechten nicht zu schade. Der heutige Dammbruch wird am Freitag mit der Abstimmung über das heute eingebrachte Gesetz voraussichtlich fortgeführt.

    Danach werden CDU und CSU die Menschen für eine Weile wieder belügen und ihnen erzählen, dass für sie eine Zusammenarbeit mit der braunen Weidel-Partei nicht infrage kommt. Blabla.

    Wir haben heute gesehen, dass es den Unions-Abgeordneten (mit einer Ausnahme) an Rückgrat und Werten fehlt. Eine Schande.


  • Anil Dash: Don’t Call it a Substack

    Guter Einwurf. Substack (alle mit der Plattform einhergehen politischen Aspekte mal außen vorgelassen) ist für diejenigen, die dort mit ihren Newslettern Geld verdienen trotz aller Offenheit ein Single Point of Failure. Ja, momentan ist es (noch?) relativ einfach, Newsletter samt bezahlender Leserschaft von dort zu einem anderen Provider umzuziehen. Ob das aber auf Dauer so bleibt, ist fraglich. Schließlich hat die mit Venture-Kapital von Andreessen Horowitz ausgestattete Plattform Interesse daran, Gewinne für die Anleger zu generieren. Wer Substack nutzt, sollte sich also schon früh einen Plan B für die Phase des unausweichlichen Platform Decays zurechtlegen.


  • Hopefulness is risky, since it is after all a form of trust, trust in the unknown and the possible, even in discontinuity. To be hopeful is to take on a different persona, one that risks disappointment, betrayal, and there have been major disappointments in recent years.

    Rebecca Solnit „Hope in the Dark: Untold Histories, Wild Possibilities“ (2004/2016)


  • Ich wollte sterben. Aber nicht für immer.

    Roberto Bolaño, „Zwei Katholische Erzählungen“


  • IoT – Wozu?

    Pete Warden fasst in diesem Beitrag aus dem August 2024 einige Gründe dafür zusammen, dass das IoT (das Internet der Dinge) zumindest in privaten Haushalten weitgehend gescheitert zu sein scheint. Seine wesentlichen Punkte sind:

    • Das Setup ist unnötig mühselig.
    • Es gibt bei den meisten Haushaltsgeräten kaum überzeugende Gründe, irgendwelche smarten Features tatsächlich zu nutzen.
    • Der Energieverbrauch sehr kleiner, batteriegestützter, kabelloser Geräte ist so hoch, dass die Batterien zu häufig getauscht werden müssen (und die Geräte dann schlimmstenfalls wieder neu eingerichtet werden müssen).

  • Billionenschwer und lächerlich

    Das Silicon Valley geht vor Donald Trump auf die Knie. Amazon-Boss Bezos wies schon knapp zwei Wochen vor der Wahlkatastrophe das Editorial Board seines Milliardärs-Spielzeugs Washington post an, keine Wahlempfehlung für Kamala Harris auszusprechen. MetaFaceWhatsInsta-Mann Zuckerberg umschmeichelte den oft wirr und orientierungslos wirkenden Trump nach dem Attentat im Juli als „badass“. Nach der Wahl applaudierten dann auch die CEOs von Alphabet, Microsoft, Apple und Co. dem verurteilten Straftäter Trump.

    Diese Leute sind keine Staatschefs, die dem Sieger der US-Präsidentschaftswahl schon aus diplomatischen Gründen gratulieren müssen. Es sind die Vertreter privatwirtschaftlicher Unternehmen, die Angst vor Trumps erratischer Politik haben. Gemeinsam mit ihren CEOs fügt sich so eine ganze Reihe milliarden-, teilweise billionenschwerer Konzerne dem Willen eines brandgefährlichen Mannes.

    Eigentlich kann es auf ein derart unverantwortlich rückgratloses Verhalten nur eine Antwort geben: Den Boykott dieser Unternehmen. Doch das wird kaum umzusetzen sein. Es fehlt Privatleuten, Unternehmen und staatlichen Akteuren an der erforderlichen Souveränität. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen hängen am MS-Office-Tropf. Gerade die öffentliche Hand in Deutschland scheitert mittlerweile seit Jahrzehnten regelmäßig daran, sich mit Open-Source-Lösungen etwas unabhängiger von den großen Playern zu machen. Und auch die privaten Internetuser sind kaum gewillt, die bunten Glitzerwelten von Apple, Meta und Co. zu verlassen. Ich meine, vielen Leuten fehlt ja selbst das bisschen Willenskraft, das es braucht, um sich von einem dampfenden Haufen Scheiße wie 𝕏 loszusagen. Selbst Politiker wie Kanzler Scholz oder Klimaschutzminister Habeck, die es eigentlich besser wissen sollten, sind auf der rechtsextremen Plattform aktiv und reden sich ein, damit nach wie vor einen Beitrag zur demokratischen Diskussionskultur zu leisten. Was für eine erbärmliche Vorstellung.

    Diese Abhängigkeit der Nutzer von den Unternehmen spiegelt die Abhängigkeit der Unternehmen von Trumps unkontrollierbaren politischen Entscheidungen. Die Konzerne haben FOMO, Angst davor, dass der überraschend beliebte Klassen-Bully sie bei seiner großen Party nicht dabei haben will. Also erfüllen sie ihm devot jeden Wunsch, um bloß keine Investoren zu verschrecken. Was für ein erbärmliche Vorstellung.

    Um es noch mal klar zu machen: Jeder hat es – zumindest bis zu einem gewissen Grad – selbst in der Hand, sich von den Trump hofierenden Konzernen und CEOs zu lösen. Es gibt keine überlebenswichtigen Gründe, auf 𝕏 zu bleiben, bei Amazon einzukaufen oder Jahr für Jahr neue Apple-Hardware zu kaufen. Ja, natürlich, über Nacht wird man das alles nicht los. Ja, die Alternativen sind auch nicht immer gold. Aber man kann es zumindest in kleinen Schritten versuchen. Wenn Unternehmen und Institutionen es schon nicht packen, dann zumindest wir Menschen.


  • Ich fragte, was für eine Eigenart? Er schrieb Verse und trug sie vor, sage der Freund, und war deshalb zum Arbeiten sichtlich ungeeignet.

    Roberto Bolaño: „Der Rattenpolizist“


  • Trumps entmenschlichende Rhetorik

    ↬www.theatlantic.com/politics/archive/2024/10/trump-authoritarian-rhetoric-hitler-mussolini/680296/

    Guter Beitrag von Anne Applebaum für The Atlantic (erschienen im Oktober 2024, also noch vor der US-Präsidentschaftswahl 2024), in dem sie noch einmal sehr deutlich aufzeigt, wie sehr die Trump-Rhetorik des zurückliegenden US-Wahlkampfs der von Hitler, Mussolini und anderen Diktatoren des 20. Jahrhunderts gleicht. Die Entmenschlichung und Ausgrenzung mit Vokabeln wie „vermin“ oder „poisonous“ helfen dabei, eine Vorstellung des „Wir gegen die“ zu kommunizieren. Forderungen nach der Ermordung politischer Gegner und geächteter, armer Menschen gehen dann gleich viel leichter über die Lippen und werden normalisiert.