Schlagwort: Jeff Bezos


  • Billionenschwer und lächerlich

    Das Silicon Valley geht vor Donald Trump auf die Knie. Amazon-Boss Bezos wies schon knapp zwei Wochen vor der Wahlkatastrophe das Editorial Board seines Milliardärs-Spielzeugs Washington post an, keine Wahlempfehlung für Kamala Harris auszusprechen. MetaFaceWhatsInsta-Mann Zuckerberg umschmeichelte den oft wirr und orientierungslos wirkenden Trump nach dem Attentat im Juli als „badass“. Nach der Wahl applaudierten dann auch die CEOs von Alphabet, Microsoft, Apple und Co. dem verurteilten Straftäter Trump.

    Diese Leute sind keine Staatschefs, die dem Sieger der US-Präsidentschaftswahl schon aus diplomatischen Gründen gratulieren müssen. Es sind die Vertreter privatwirtschaftlicher Unternehmen, die Angst vor Trumps erratischer Politik haben. Gemeinsam mit ihren CEOs fügt sich so eine ganze Reihe milliarden-, teilweise billionenschwerer Konzerne dem Willen eines brandgefährlichen Mannes.

    Eigentlich kann es auf ein derart unverantwortlich rückgratloses Verhalten nur eine Antwort geben: Den Boykott dieser Unternehmen. Doch das wird kaum umzusetzen sein. Es fehlt Privatleuten, Unternehmen und staatlichen Akteuren an der erforderlichen Souveränität. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen hängen am MS-Office-Tropf. Gerade die öffentliche Hand in Deutschland scheitert mittlerweile seit Jahrzehnten regelmäßig daran, sich mit Open-Source-Lösungen etwas unabhängiger von den großen Playern zu machen. Und auch die privaten Internetuser sind kaum gewillt, die bunten Glitzerwelten von Apple, Meta und Co. zu verlassen. Ich meine, vielen Leuten fehlt ja selbst das bisschen Willenskraft, das es braucht, um sich von einem dampfenden Haufen Scheiße wie 𝕏 loszusagen. Selbst Politiker wie Kanzler Scholz oder Klimaschutzminister Habeck, die es eigentlich besser wissen sollten, sind auf der rechtsextremen Plattform aktiv und reden sich ein, damit nach wie vor einen Beitrag zur demokratischen Diskussionskultur zu leisten. Was für eine erbärmliche Vorstellung.

    Diese Abhängigkeit der Nutzer von den Unternehmen spiegelt die Abhängigkeit der Unternehmen von Trumps unkontrollierbaren politischen Entscheidungen. Die Konzerne haben FOMO, Angst davor, dass der überraschend beliebte Klassen-Bully sie bei seiner großen Party nicht dabei haben will. Also erfüllen sie ihm devot jeden Wunsch, um bloß keine Investoren zu verschrecken. Was für ein erbärmliche Vorstellung.

    Um es noch mal klar zu machen: Jeder hat es – zumindest bis zu einem gewissen Grad – selbst in der Hand, sich von den Trump hofierenden Konzernen und CEOs zu lösen. Es gibt keine überlebenswichtigen Gründe, auf 𝕏 zu bleiben, bei Amazon einzukaufen oder Jahr für Jahr neue Apple-Hardware zu kaufen. Ja, natürlich, über Nacht wird man das alles nicht los. Ja, die Alternativen sind auch nicht immer gold. Aber man kann es zumindest in kleinen Schritten versuchen. Wenn Unternehmen und Institutionen es schon nicht packen, dann zumindest wir Menschen.


  • Vorauseilender Gehorsam

    Das Logo der Washington Post. Die Mottozeile: "Democracy Dies in Darkness" wurde durch die Zeile "Hello Darkness My Old Friend" ersetzt.

    via: @MissingThePt

    Die Washington Post hat sich (wohl auf Druck von Herausgeber William Lewis und Eigentümer Jeff Bezos) dazu entschieden, dieses Jahr zum ersten Mal seit 1988 keine Empfehlung zur US-Präsidentschaftswahl auszusprechen.

    Das Editorial Board wurde von dieser Entscheidung, schenkt man folgendem Statement Glauben, überrascht:

    Eine Bekanntmachung der "Washington Post Guild". Text: "We are deeply concerned that The Washington Post — an American news institution in the nation's capital — would make the decision to no longer endorse presidential candidates, especially a mere 11 days ahead of an immensely consequential election. The role of an Editorial Board is to do just this: to share opinions on the news impacting our society and culture and endorse candidates to help guide readers.

The message from our chief executive, Will Lewis — not from the Editorial Board itself — makes us concerned that management interfered with the work of our members in Editorial. According to our own reporters and Guild members, an endorsement for Harris was already drafted, and the decision to not to publish was made by The Post’s owner, Jeff Bezos. We are already seeing cancellations from once loyal readers. This decision undercuts the work of our members at a time when we should be building our readers’ trust, not losing it."

    Es bleibt die Frage, was Lewis und vor allem Bezos zu dieser Einmischung in die Arbeit der Redakteur*innen getrieben hat.

    Ich denke, es ist vorauseilender Gehorsam. Als Chef von Amazon hatte Bezos es schon von 2016 bis 2020 nicht leicht mit Trump. Indem er jetzt verhindert, dass eine der einflussreichsten Zeitungen der USA keine Wahlempfehlung für Kamala Harris ausspricht, hofft er, sich im Fall einer erneuten Trump-Präsidentschaft, etwas Spielraum zu verschaffen.

    Doch Trump ist vollkommen unberechenbar. Ob er Little Jeff für seinen Kniefall wirklich belohnen würde, ist daher fraglich. In jedem Fall ist die Integrität der Washington Post durch den aktuellen Fall beschädigt worden.